„Man wollte eine Änderung der Kursbücher ersparen“ – 

125 Jahre Bahnhof Geeste – Osterbock

 

Der Bahnhof Geeste-Osterbrock besteht seit mehr als 125 Jahren. Die Emslandstrecke von Rheine über Lingen, Geeste, Meppen und weiter nach Norddeich Mole war Teil der sogenannten Hannoverschen Westbahn, die in den 1850er Jahren zur Erschließung der westlichen Teile des damaligen Königreichs Hannover gebaut wurde. Bereits am 24. November 1854 wurde der Abschnitt Emden – Papenburg als erster Teil dieser Verbindung eröffnet, jedoch noch ohne Anschluss an das bestehende Eisenbahnnetz; 1856 konnte der durchgehende Verkehr zwischen Rheine und Emden aufgenommen werden. Parallel entstanden in Lingen die Königlichen Bahnhofswerkstätten, aus denen 1920 das Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) Lingen hervorging.

 

Am 1. Mai 1899 nahm die Haltestelle Geeste ihren Betrieb auf, die zunächst nur aus einer kleinen Baracke und einem ausrangierten Güterwaggon bestand. Zwei Züge hielten hier pro Tag, bestehend aus einem Güter- und einem Personenwagen. Wenige Jahre später, im März 1903, wurde der Güterverkehr für Stückgut eröffnet und infolge der hohen Nutzung im Weiteren zu einer Station mit vollem Güter- und Personenverkehr erweitert. 1907/08 baute man die ursprünglich eingleisig errichtete Strecke Rheine - Emden zweigleisig aus.

 

Zu gleicher Zeit erwarb die Harpener Bergbau Aktiengesellschaft (HBAG) aus Dortmund mehr als 800 Hektar Ländereien im „Osterbruch“, um dort im großen Stil Lebensmittel für die eigene Belegschaft zu produzieren. Der Transport aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse dieses „Gutes Geeste“ erfolgte über den nahen Bahnhof, der im Sommer 1908 zum zweitgrößten Bahnhof im Kreis Meppen ausgebaut wurde. Eine Lagerhalle und eine Verladerampe entstanden, 1913 folgten Dienstwohnungen für den Schrankenwärter, den Bahnhofsvorsteher und einen Beamten. Mit Auflösung des Gutes Geeste 1933 bildete sich die neue Gemeinde Osterbrock, der Bahnhof behielt jedoch den Namen „Geeste“ – die Gemeindechronik notiert: „Man wollte eine Änderung der Kursbücher ersparen.“

 

Im Februar 1942 stieß, nach verschiedenen Vorerkundungen, die Bohrung „Lingen 2“ bei Dalum auf Öl. Ausgehend von dieser erfolgreichen Bohrung wurde das Erdölfeld Lingen-Dalum entwickelt. Der Abtransport des Erdöls erfolgte zunächst per LKW zur 1943 gebauten Verladestelle Osterbrock. Von hier verlief der Weitertransport per Bahn via Kesselwagen bzw. Schiff via Dortmund-Ems-Kanal. 1945 lösten Pumpleitungen die LKW ab; 1950 bis 1953 entstand in diesem Zusammenhang die Raffinerie in Lingen/Holthausen.

 

Seit Kriegsbeginn im September 1939 diente der Bahnhof Geeste, wie auch die benachbarten Bahnhöfe in Meppen und Lingen, dem Transport von Kriegsgefangenen zahlreicher west- und osteuropäischer Nationen in die Emslandlager Dalum und Groß Hesepe. Nach Kriegsende 1945 verließen die befreiten Kriegsgefangenen wie auch ehemalige zivile Zwangsarbeitende u.a. über diesen Bahnhof die Region, parallel kamen Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten auch in Osterbrock an.

 

Die Emslandstrecke Rheine - Norddeich Mole stellte die letzte Strecke der damaligen Deutschen Bundesbahn dar, auf der planmäßig Dampflokomotiven eingesetzt wurden. Erst im Oktober 1977 endete dieses Kapitel mit Abschiedsfahrten, bei denen zwei Dampfloks noch einmal die gesamte Strecke von Rheine bis Emden befuhren.

 

Mitte der 1980er Jahre diente der Bahnhof u.a. als Umschlagplatz für Material, das für den Bau des neuen Speicherbeckens Geeste eingesetzt wurde. Transporte im Volumen von mehr als 1 Mio. Tonnen erreichten per Güterzug die neu erbaute Splitt- und Sandverladeanlage am Bahnhof und wurden dann per LKW weiterbefördert.

 

In den vergangenen Jahren wurde das Bahnhofsumfeld mehrfach aufgewertet. So wurde beispielsweise ein Schaukasten aufgebaut, in dem die Gemeinde regelmäßig aktuelle Nachrichten und Ortspläne veröffentlicht. Weiterhin sind ausreichend Parkplätze angelegt worden, entsprechend wurden auch Behindertenparkplätze gekennzeichnet. Für Radtouristen oder Alltagsradfahrer wurde eine witterungs- und diebstahlsichere Fahrradsammelbox an der Osterbrocker Haltestelle aufgebaut. Da eine hohe Nachfrage nach den Fahrradboxen besteht, plant die Gemeindeverwaltung aktuell eine Erweiterung. Alle Maßnahmen wurden zur „Umgestaltung Bahnhofsumfeld“ gebündelt. Im Juni 2017 fand eine feierliche Eröffnung statt.

 

Auch im 125. Jahr des Bestehens des Bahnhofes Geeste/Osterbrock nutzen weiterhin viele Reisende und Schüler die Fahrstrecke. Nach Angaben einer Verkehrserhebung der Westfalenbahn sind im Jahr 2022 63.134 Fahrgäste als Einsteiger und 57.256 Fahrgäste als Aussteiger registriert worden.

 

Ab Mitte Dezember 2024 wird auf der Strecke von Münster über Geeste nach Meppen eine zusätzliche Direktverbindung angeboten. Wer nach 23:00 Uhr den Zug nutzen möchte, kann mit der Bahn ohne Umstieg in Rheine fahren. Gleiches gilt für die entgegengesetzte Richtung.

 

Foto: Friedhelm Reiners